Kapitel 02: Feier in Belphoret
Die von Kazar angeführten Arkeum-Legionen eroberten ein Land nach dem anderen, welches sich weigerte, die Autorität von Revil Lupius anzuerkennen. Und so trat das Königreich Solisium in ein Zeitalter der Dunkelheit ein. Nach vielen Jahren marschierten Kazars Arkeum-Legionen zum Schloss Belphoret. Lord Mark Aron und seine Armee lieferten sich einen tapferen Kampf und versuchten das Gelände am Seeufer und die feuchten Wetterbedingungen zu ihrem Vorteil zu nutzen. Letztendlich konnten sie den Überfall der Arkeum-Legionen nicht aufhalten und wurden überwältigt…
Aron weigerte sich bis zum Schluss, sich zu ergeben. Er kämpfte an vorderster Front, schlug Arkeum-Soldaten nieder und versuchte sich zu Revil durchzukämpfen. Kurz bevor er ihn erreichte und auf ihn zuraste, ballte ein schwarzhaariges Mädchen neben Revil ihre linke Hand und Arons Knie gaben nach. Er fing den Blick des Mädchens auf und spürte den Schatten des Unglücks, das er über sich gebracht hatte. Er brach zusammen und tat seinen letzten Atemzug.
„Ein Tag wie dieser muss gefeiert werden. Hängt den Leichnam des Lords hoch über den Platz. Ladet alle ein, sie sollen kommen und feiern!“. Revil Lupius übernahm Schloss Belphoret. Er befahl den Bürgern, sich in ihrer besten Pracht zu kleiden, wie es sich für eine Feier gehört, und sich auf dem Platz zu versammeln. Als sie zum Leichnam von Mark Aron aufblickten, der für seine gütige und gerechte Herrschaft bewundert wurde, weinten sie Tränen der Trauer.
“Was, Tränen an diesem großartigen Tag? Mein Mädchen, hilf ihnen ein wenig zu lächeln…”, flüsterte Revil dem schwarzhaarigen Mädchen an seiner Seite zu. Sie zog ihren linken Handschuh aus und ballte ihre kleine Hand. Sofort stellten die weinenden Musiker fest, dass sich ihre Hände wie von selbst bewegten, um eine festliche Melodie anzustimmen, und diejenigen, die mit gesenkten Köpfen um Arons Leiche gestanden hatten, ertappten sich dabei, wie sie ungeachtet ihres Willens lachten und tanzten. Revil lächelte bei diesem Anblick zufrieden, aber das schwarzhaarige Mädchen behielt die Menge im Auge. Ihr eiserner Blick traf ein Mädchen, das – anders als die Menge – weder lächelte noch tanzte. Sie schien ungefähr so alt zu sein wie das schwarzhaarige Mädchen und trug ein blaues Kleid, und einen weißen Handschuh an der rechten Hand. Sie stand stocksteif da und funkelte Revil an.
„Bitte, Lady. Kommen Sie mit. Hier ist es nicht sicher für Sie…“, flüsterte eine alte Amme dem Mädchen ins Ohr. “Und Vater zurücklassen?” Das Mädchen schüttelte die Hände der Amme ab. Dann machte sie einen Schritt auf Revil zu, der hinter der Leiche ihres Vaters lächelte.
In diesem Moment ballte das schwarzhaarige Mädchen ihre linke Hand und deutete auf das Mädchen im blauen Kleid. Doch das Mädchen in dem blauen Kleid schien unbeeindruckt.
Kazar, der hinter Revil stand, folgte dem Blick des schwarzhaarigen Mädchens und befahl den Arkeum-Elitesoldaten durch Gestikulierung, das Mädchen im blauen Kleid festzunehmen. Die Soldaten drangen schnell in die Menge ein. Aber als sie den Ort erreichten, stand nur noch die Amme da.
“Da drüben!”, rief einer der Elitesoldaten und erhaschte einen blauen Schimmer. Das Mädchen floh vor den Soldaten in das Gewirr von Gassen rund um Schloss Belphoret. Ihre Spur führte zum Schrottplatz des Schlosses, aber das Mädchen war nirgendwo zu sehen.
“Du, da drüben! Hast du gerade ein Mädchen gesehen?”, fragte einer der Soldaten. Der Sklave, der in dem Müllhaufen gestöbert hatte, schüttelte den Kopf und antwortete: „Niemand kommt jemals hierher, außer den Krähen. Das Einzige, was ich gerade gesehen habe, war eine wegfliegende Krähe.“