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Kapitel 07: Der Geist der Rache

Roxie und Gerad kamen nach Abschluss ihrer Aufträge in Stongard an und bemerkten sofort, dass sich das Dorf anders anfühlte. Es waren viel weniger Mitglieder des Widerstands unterwegs und die Straßen waren leer. Ein Widerstandsmitglied eilte mit gesenktem Kopf vorbei, blieb aber stehen, als er Roxie und Gerad sah. „Roxie und Gerad? Vom Orden des Schwans?“ “Was ist denn hier los?”, fragte Gerad.

Der Mann senkte seine Stimme: „Eine Menge Leute sind verschwunden. Sie sagen, dass Beiron der Zweite, der Herr von Argo, Leute entführt, um sie als Köder für Drachen zu benutzen.“

„Menschen benutzen, um Drachen zu ködern? Das ist absurd! Ich muss den Bürgermeister bitten, alle Einzelheiten offenzulegen.” Gerad und Roxie gingen direkt zum Bürgermeister, ohne sich die Mühe zu machen, bei ihrem Quartier vorbeizuschauen. Nachdem Roxie gehört hatte, was vor sich ging, musste sie sich zunächst um einen Auftragsrückstand kümmern, während Gerad sich sofort darauf vorbereitete, in das Gebiet der Drachen aufzubrechen und die Ausrüstung zu überprüfen, die er benötigte.

Gerad packte noch, als ein Junge, der ungefähr zehn Jahre alt zu sein schien, aus einer Gasse schlich und sich ihm näherte. Der Junge zupfte an Gerads Ärmel und sagte: „Gerad? Du bist es, nicht wahr?“ An dem krausen Haar des Kindes und der Halbmondform seiner Augen erkannte Gerad ihn sofort als Fourdos Sohn. “Du bist Fourdos Sohn Hollis, nicht wahr?” Gerad umarmte den Jungen, sein Herz schwoll vor Rührung an. Wenn nur der Vater des Jungen noch am Leben wäre…

„Was ist mit Elina? Wie geht es deiner Mutter? Und Gregory, geht es ihm gut?“, fragte Gerad und Hollis senkte den Kopf. „Mein Großvater und meine Mutter sind seit drei Tagen weg. Ich kann sie nicht finden und niemand hat mir geholfen.” Genau in diesem Moment tauchte Roxie hinter Gerad auf.

„Der Bürgermeister sagt, dass eine Gruppe von Leuten umherwandert, die die Köpfe der Leute mit Gerede über das große Geld füllt. Dabei wählen sie gezielt mittellose Leute aus, die leicht zu ködern sind. Sobald sie zuschnappen, werden sie als Drachenköder missbraucht.“ Gerad kaufte Hollis ein Brot vom Bäcker und blieb bei ihm, bis er eingeschlafen war. Zurück in seinem eigenen Quartier wurde Gerad von dem Ausdruck in den Augen des Jungen verfolgt, als er ihn anflehte, bei der Suche nach seiner Familie zu helfen. Noch vor Tagesanbruch holte er seine Sachen und machte sich auf den Weg. Bei den Ställen angekommen, fuhr Gerad überrascht auf. Da war Roxie, von der er dachte, er hätte sie in ihrem Quartier zurückgelassen, während sie ihren Bogen bei den Ställen polierte.

“Warum hast du so lange gebraucht? Ich hoffe, du hast mir etwas zu trinken mitgebracht!” spottete sie und warf Gerad einen Blick zu. Sie fügte hinzu: „Es ist fast Sonnenaufgang. Lass uns gehen, wenn wir heute eine gute Distanz schaffen wollen.“ “Das ist kein offizieller Auftrag, es ist rein persönlich. Du musst nicht mitkommen“, sagte Gerad. Roxie stieg auf ihr Pferd und antworte: „Es wäre am besten, wenn wir jemanden hätten, der dich im Zweifelsfall begräbt, meinst du nicht?“

Gerad grinste über Roxies Witz und warf ihr die Schnapsflasche zu, die er an seinem Gürtel getragen hatte.

Was sie nicht bemerkten, war ein Unbekannter, der sie von der anderen Straßenseite aus beobachtet und belauscht hatte. Er verlor keine Zeit, Beiron dem Zweiten einen Tipp zu geben. „Ausgezeichnet! Ein hoher und mächtiger Drachenjäger und eine Frau, die von Revil gesucht wird… Hahaha! Ich muss ihm sofort schreiben!“ Beiron der Zweite schrieb einen Brief und versiegelte ihn. Vor seinem Kanzleipult stand ein kleiner Käfig mit Drachenbabies, die an den Hälsen gefesselt waren und nicht einmal genug Platz hatten, um ihre Flügel auszubreiten.

Roxie und Gerad ritten eine gute Weile, bis sie den schmalen Eingang erreichten, wo die Nester der Drachen begannen. Gerad sagte, „Wir lassen die Pferde hier und gehen zu Fuß weiter. Wenn die Drachen das Geräusch ihrer Hufe oder ihren Geruch wahrnehmen, könnte es unser Tod sein, bevor wir nur jemanden zur Rettung gefunden haben.“ Sie ließen die Pferde im Wald versteckt und gingen leise zu Fuß weiter. Roxie erklomm eine vorspringende Klippe, um einen Blick auf ihre Umgebung zu werfen. Sie erblickte einige Dorfbewohner, die geknebelt und nicht allzu weit entfernt an einen Baum gefesselt waren. Die meisten von ihnen sahen aus, als hätten sie den Kampfwillen verloren. Sie ging ein Stück weiter und entdeckten ein paar Arkeum-Soldaten.

„Nur fünf vom Arkeum-Abschaum. Die sollten uns keine große Mühe machen“, informierte Roxie Gerad, bevor sie flink wieder die Klippe hinunterkletterte. Gerad hatte schon seit dem Eingang einen merkwürdigen Geruch in der Nase. “Hier stimmt etwas nicht, Drachen kommen hier normalerweise nie vorbei…” “Schweig!” Roxie tanzte um die Felsen in der Schlucht herum, als sie anfing, auf die Arkeum-Soldaten zu schießen.

*zisch* “Ahhh!” Nachdem Roxie alle Arkeum-Soldaten erledigt hatte, rannte Gerad von hinten aus dem Gebüsch, um die Gefangenen zu befreien. Glücklicherweise waren Gregory und Elina, die vermissten Familienmitglieder von Hollis, unter ihnen. Kaum hatte er Elinas Knebel gelöst, schnappte sie heftig nach Luft, „Gerad! Da sind noch mehr! Es ist eine Falle!“ Kaum waren Elinas Worte gefallen, stürmten die Elitesoldaten von Arkeum aus ihrem Versteck. „Lauft! Roxie, gib ihnen Deckung!“

Während Gerad sich um die Elitesoldaten kümmerte, befreiten die Gefangenen die anderen. Roxie hob ein Kind auf, das hinter ihm herstolperte, und rannte los. Gerade als sie dachte, sie hätte es geschafft, den Soldaten davonzulaufen, wimmerte das Kind in ihren Armen, “M-Mama ist noch da…” Roxie sah die Tränen des Kindes und antwortete ohne zu zögern:  “Mach dir keine Sorgen. Ich bringe deine Mami zurück, halt dich fest.” Roxie übergab das Kind den anderen und rannte die Schlucht hinauf. Sie ging an Gerad vorbei, der bergab kam, und rief ihm zu, er solle die Leute decken, während sie die Mutter des Kindes suchte. In diesem Moment ertönte aus der Ferne eine raue, finstere Stimme.

“Wie ich sehe, ist die feige Schattenjägerin immer noch damit beschäftigt wegzulaufen!” Roxie erkannte die schweren Stimme als die von Kazar und duckte sich hinter einen Felsen. Kazar sprach sie weiter an, scheinbar ihrer Nähe bewusst. „Schattenjägerin, du enttäuschst mich. Nicht einmal ein Hallo für deinen alten Retter? Hahaha…“

Roxie Atevalt

Roxie überprüfte ihren Köcher. Nur noch zwei Pfeile übrig. In der Nähe von Kazar kniete eine Frau, die zitterte wie Espenlaub. Ihr Aussehen passte zu der Beschreibung des Kindes, sie schien die Mutter zu sein. Neben ihr stand ein schwarzhaariger Mann, der starr in eine Richtung blickte. Roxie nahm eine Bestandsaufnahme vor und überlegte, wie sie sich der Geisel am besten nähern könnte. Beim Klettern über die hohen Felsen riskierte man, entdeckt zu werden. Aber zwischen den trockenen Ranken, die Deckung boten, könnten Arkeum-Soldaten versteckt sein. Am Ende gab es nur einen Weg, den sie nehmen konnte. Sie musste in die Richtung gehen, in die der Mann blickte.

Der Schwarzhaarige schnippte mit den Fingern und Kazar drückte den Kopf der Geisel nach unten. Auf ihrem Nacken wurde ein Brandzeichen sichtbar. „Diese ist auch gebrandmarkt“, spottete der Mann und spuckte die Frau an. „Genau wie du, Schattenjägerin! Wer hätte gedacht, dass der edle Valoer ein gebrandmarktes Mädchen zu seinen Gören zählen würde? Nachdem du entkommen bist, habe ich dafür gesorgt, dass alle seine Sklaven in Stücke gerissen werden!“ Da wurde Roxie klar, wer der Mann neben Kazar war.

“Revil Lupius… Was macht er hier?”, dachte sich Roxie. Instinktiv glättete sie die Befiederung ihrer beiden letzten Pfeile. Sie durchdachte schnell ihre Herangehensweise. „Langsam wird es langweilig. Töte sie, Kazar!“ Sobald Revils Kommando fiel, schlug Kazar ohne zu zögern zu. Die Augen des abgetrennten Kopfes, der über den Boden rollte, trafen Roxies. In diesem Moment von Schuldgefühlen überwältigt, verlor Roxie ihre Konzentration. Sie schüttelte den Kopf und versuchte, ihre Nerven wiederzugewinnen, aber sie war meilenweit entfernt, ihre Finger verloren den Halt um die Befiederung.

Revil provozierte sie erneut. „Valoer, den du Vater genannt hast, hat seinen Kopf auch durch Kazars Schwert verloren, genau wie deine Brüder. Du hast vielleicht überlebt, aber du bist viel zu schwach, um sie zu rächen!“ „Vielleicht hat sie keine Pfeile mehr! Revil zog einen alten Pfeil aus seinem Köcher und warf ihn in Roxies Richtung. “Hier ist einer für dich. Jetzt gib dein Bestes!”

In diesem Augenblick stürzte Roxie mit ihrem Dolch wie ein Blitz auf Kazar. Kazar konnte den Angriff gerade noch rechtzeitig mit seinem gewaltigen Schwert parieren. Roxie hatte aus ihrer Konfrontation mit Kazar auf der Nebulainsel gelernt, dass sie ihn nicht mit Kraft, sondern nur mit Geschwindigkeit und Geschick schlagen konnte. Kazars langes, kräftiges Schwert abzuwehren war jedoch nicht gerade einfach. Roxie sah sich schnell um und lockte Kazar in einen Teil des Waldes, wo die Bäume dicht beieinander standen. Kazar verhedderte sich mit seinem Schwert in der dichten, zähen Vegetation. Roxie kletterte auf einen Baum und segelte über Kazars Kopf hinweg. Ihr erster Pfeil, den sie noch übrig hatte, flog auf Kazars Helm zu.

*zisch* Kazar schaffte es, den Pfeil abzuwehren, war aber mehr als ein bisschen verunsichert von der verbesserten Geschwindigkeit und Geschicklichkeit von Roxies Angriff. Roxie zog ihren zweiten Dolch, den sie an ihrem Knöchel getragen hatte, aus der Scheide und ergriff ihn mit beiden Händen. Wütend begegnete Kazar ihr Schlag um Schlag und zerstörte die Bäume um sie herum. Roxie konnte Kazars monströser Kraft nicht standhalten und duckte sich hinter einen morschen Baum. Kazar zerschmetterte ihn sofort, aber Roxie war schon verschwunden. Sie kletterte die Äste des Baumes wie eine Treppe hinauf, flog über sie hinweg und zog erneut an ihrer Bogensehne.

*zisch* Der zweite Pfeil bohrte sich in Kazars Helm, seine Befiederung kaum sichtbar. Kazars massiger Körper fiel zu Boden. Er zuckte für eine Sekunde, bis er still dalag. Roxie stürmte voraus und hob den alten Pfeil auf, den Revil auf den Boden geworfen hatte. Dann stürmte sie auf Revil zu, der sein Schwert zückte. Als hätte er nur darauf gewartet, rammte er ihr sein Schwert in den Bauch. Roxie verspürte einen starken Schmerz und richtete ihren Pfeil auf Revils Herz.

„Stirb!“

Als sie ihre Bogensehne ganz zurückzog, wirbelte blutrote Energie aus den Federn am Schaft und strömte zwischen ihren Fingern hindurch. *zisch* Der Pfeil bohrte sich mit einem dröhnenden Knall tief in Revils Brust.

“Ahhhh!” Revil fiel nach hinten, klammerte sich an den Pfeil in seiner Brust und schrie vor Schmerz. Roxie zog Revils Schwert aus ihrem Unterleib und hielt es hoch, während sie Schritt für Schritt auf ihn zutaumelte. Revil sprach mit einer Stimme, die sowohl spöttisch als auch gequält war: „Haha… du…“, stotterte er. “Du tust mir einen großen Dienst … indem du Solar erweckst!” Revil hustete Blut und hielt seinen Blick auf Roxie gerichtet. Mit letzter Kraft hob sie das Schwert, um es auf seinen Hals zu schlagen.

*zisch*

Ein massives Schwert traf Roxie in den Rücken und ragte direkt durch ihr Herz. Es war Kazar, immer noch nicht tot. Roxie blickte ungläubig auf die Schwertspitze, die aus ihrer Brust ragte. Ihre Finger verloren Revils Schwert aus dem Griff und es fiel zu Boden. Roxie brach zusammen. Kraftvolle schwarze Energie strahlte von ihrem Körper aus. Es war der Geist, der geweckt worden war, als Roxies Wut in die Pfeilspitze sickerte. Der Geist war so groß wie Kazar, aber in der Gestalt einer Frau. “Kazar… so treffen wir uns wieder. Ist er mit dem Pfeil unser Meister?” “Solar Tuman! Du hast dir Zeit gelassen. Das ist Revil!”

Als Solar Tuman in den Himmel blickte, flogen zwei Stahldrachen herunter. Kazar und Revil bestiegen den einen und Solar Tuman den anderen. Beide Drachen erhoben sich aus der Schlucht. Die Arkeum-Legionen, die Wache gehalten hatten, wurden bald darauf abgezogen. Als Gerad alle in Sicherheit brachte und zurückkam, erblickte er Roxies Körper. Er hielt sie in seinen Armen, während er weinte. Er machte sich Vorwürfe, zu spät gekommen zu sein. Er schlug mit den Fäusten auf die Erde. Immer und immer wieder.

Schließlich riss er sich zusammen und eskortierte die geretteten Dorfbewohner zurück nach Stongard. Anschließend ritt er auf Laslan zu. Bei seiner Ankunft informierte er Davinci über Roxies Tod.

Davinci Aron

An diesem Abend ging Davinci zu einer ganz bestimmten Taverne. Es war die Bar, die Roxie immer besucht hatte, wenn sie gerade keinen Auftrag hatte. Drinnen war der Abend in vollem Gange. Davinci ging auf einen Tisch in der Mitte zu und klopfte scharf darauf, bevor er bellte.

“Ich komme mit Neuigkeiten von Roxie!” Die Widerstandsmitglieder, die getrunken hatten, lachten schallend, als sie Roxies Namen hörten. „Was, hat sie sich in eine weitere betrunkene Schlägerei verwickelt? Hahaha!“

Die Widerstandsmitglieder beruhigten sich, als Davinci auf keinen ihrer Witze reagierte. Davinci legte Roxies Bogen auf den Tisch und verkündete ihren Tod. Die rauflustige Kneipe verstummte sofort.

Ein paar Tage später fand Roxies Beerdigung statt. Alles, was sie zurückließ, waren ein paar Kleidungsstücke und ein Paar alte Schuhe mit abgetretenen Sohlen. Roxie war immer in genau diese Taverne gegangen, nachdem sie einen Auftrag abgeschlossen hatte. Sie gab dort ihr gesamtes Einkommen für Getränke für die anderen Mitglieder des Widerstands aus. Es war ihr wichtiger, Zeit mit ihnen zu verbringen, zu lachen und fröhlich zu sein, als nur ein Paar Schuhe zu kaufen. Sie riskierte ihr Leben, kämpfte an der Seite ihrer Kameraden und brachte die Menge mit ihrem derben Mund zum Lachen. Immer selbstbewusst und gut gelaunt, verkörperte Roxie den Widerstand selbst. Die anderen Freiheitskämpfer schworen, in Erinnerung an sie gemeinsam standhaft zu bleiben.

Quelle
NCSoft

Lama

Hey, ich bin Lama und Gründer dieser Webseite. Ursprünglich wollte ich mit TL-News eine Webseite schaffen, auf der sich ausgetauscht und informiert werden kann. Mit steigendem Interesse an weiteren noch nicht erschienenen MMORPGs beschloss ich, die Webseite in LABLAMA umzubenennen und so nicht allein auf Throne and Liberty beschränkt zu sein.

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